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oec_04_ePaper

«Wirtschaftskrimi- naldelikte setzen ein hohes Mass an Intelligenz und Täuschungsenergie voraus. Es sind meistens nicht die Dümmsten, mit denen wir es zu tun bekommen.» Samuel Kamber Bei kleineren Fällen, das heisst, wenn es «nur» einen Beschuldigten und einen Geschädigten gibt, nimmt ein White-Collar-Crime-Ermittler die Spur alleine auf. «In der Regel bearbeiten wir gleichzeitig drei bis vier Fälle». Dass man sich wie bei CSI Miami oder dem Tatort nur um einen Fall auf’s Mal kümmert, ist unrealistisch und gibt es nur im Fernsehen. Klarheit in einen Fall bringen Auch als Ermittler bekommt man mit der Zeit ein Bauchgefühl, auf das man sich allerdings nicht immer verlassen kann: «Wir nehmen stets eine neutrale Haltung ein», sagt Samuel Kamber bestimmt und spricht damit die Unschuldsver- mutung an. Es kann laut dem Zivilbeamten näm- lich auch vorkommen, dass ein «Opfer» etwas behauptet, ohne dafür entsprechende Unterlagen als Beweismittel zu liefern. «In sämtlichen Fällen gilt es, Fakten zu finden, welche den geschilder- ten Sachverhalt bestätigen oder widerlegen». Es gehöre zur obersten Pflicht, nicht nur die Fassade anzuschauen, sondern zu erkennen, was wirklich dahinterstecke, so der Ermittler. In jedem Fall wird immer auch die Person befragt, welche die Strafanzeige eingereicht hat. «Mein Ziel ist, Licht und Klarheit in den Fall zu bringen und dann allenfalls jemanden zu überfüh- ren, falls die Fakten dafür sprechen». Kamber und seine Kollegen erleben es bei ihrer Arbeit immer wieder, dass gewisse Personen, die bei einer Firma als Geschäftsführer oder beispiels- weise als Verwaltungsrat eingetragen sind, keine Ahnung vom Business haben und quasi nur als Strohmänner eingesetzt wurden. Im Rahmen der Ermittlungen geht es dann darum, wer in der Firma wirklich die Verantwortung trägt. «Zuerst gehen wir natürlich immer die Personen an, die im Handelsregister eingetragen sind». Und auch wenn man als Geschäftsführer oder VR keine Ahnung von potenziell illegalen Machenschaften im Unternehmen hatte, werden Ermittlungen zu diesen «offiziellen» Unternehmensverantwortli- chen geführt, da diese kraft ihrer Eintragung im Handelsregister gesetzliche Pflichten haben. In diesem Zusammenhang wird untersucht, ob von den eingetragenen Personen Pflichtverletzungen begangen wurden. Dies kann für die Betroffenen sehr unangenehm sein. Präzedenzfälle schaffen Ein Erfolg für den White-Collar-Ermittler ist es, wenn die Untersuchungen zu einem Ergeb- nis führen. «Egal, ob daraus eine Verurteilung resultiert oder nicht». Als eine erfolgreiche Arbeit bezeichnet Kamber es auch, wenn er und seine Team-Kollegen in einem Bereich einen Fall zum Abschluss bringen, in dem es bis anhin noch keine Rechtsprechung gab. «Das haben wir auch schon geschafft», so Kamber mit einem stolzen Lächeln. «An solchen Präzedenzfällen kann man sich danach dann orientieren». «Nicht die Dümmsten» Es ist aber nicht jeder Fall nur ein Kinder- spiel für die Kriminalisten der Kantonspoli- zei Zürich. Denn die Betrüger, Fälscher und Veruntreuer, mit denen es die Ermittler zu tun bekommen, sind oft Menschen mit einer sogenannten machiavellischen Intelligenz. Das heisst, Individuen, die es schaffen, Menschen für sich zu gewinnen, zu manipulieren und zu täuschen. Dies, um für sich selbst gewisse Vorteile zu erlangen. Laut Samuel Kamber sind Personen, welche die Wirtschaft zu einem Tatort machen, häufig sehr gute Verkäufer und Vertu- scher. «Es sind meistens nicht die Dümmsten, mit denen wir es zu tun bekommen». Denn oft würden White Collar Criminals sehr viel von der Materie verstehen. «Das schnelle Geld gibt es einfach nicht», sagt der Wirtschaftsfachmann bestimmt. Sobald einem grosse Renditen versprochen, strahlend schöne Prospekte präsentiert oder garantierte Gewinne in Aussicht gestellt werden, gilt es hellhörig zu werden. «Man sollte sich fragen, weshalb jemand mit grossartigen und einmali- gen Gewinnchancen diese mit jedermann teilt». Oft würde man dann erkennen, dass es sich bei der schönen Fassade nur um Schall und Rauch handelt. 20 Oec. Dezember 2015

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