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Stellen Sie bezüglich Krisenkommunikations-Vor- bereitung und Know-how heute im Vergleich zu früher eigentlich Unterschiede fest? Je besser man vorbereitet ist, umso einfacher kann man eine Krise bewältigen. Früher hatte man in der Schweiz - meiner Ansicht nach - insofern einen Vorteil, als es sehr viele Kader mit militärischer Schulung gab. In jeder Ge- schäftsleitung gab es irgendwo einen «Gene- ralstäbler», der wusste, wie man an so etwas herangeht. Der Vorteil heute: Die Manager sind auch «zivil» besser geschult. Deshalb hat die Kommunikation heute einen ganz anderen Stellenwert im Vergleich zu früher. In der heu- tigen Zeit muss man niemandem mehr erklä- ren, wie wichtig Kommunikation ist. Weshalb hat Kommunikation heute einen viel grösseren Stellenwert als früher? Als ich 1974 die Pressestelle der Hochschule St. Gallen gegründet habe, da vertrat der Hoch- schulrat die Auffassung, dass es für so etwas kein Budget benötige, weshalb ich von den Alumni finanziert wurde. Die waren der Meinung, dass eine Uni eine professionelle Kommunikationsstelle braucht. Heute hat alleine das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungs- schutz und Sport 100 Kommunikationsbeamte, auch die Stadt Zürich hat über 100 Spezialisten in diesem Bereich. Die Gründe liegen wesentlich in der Entwicklung des Mediensystems und in der wachsenden Komplexität der Umwelt. Das sind ja super Aussichten für Sie, falls der Kommunikationsbedarf in diesem Stil weiter zunimmt. Ja, ich habe schon immer gesagt, dass dies ein Beruf mit Zukunft ist. Wir werden immer genug zu tun haben (lacht). Wenn die Umwelt kom- plexer wird, entsteht Erklärungsbedarf. Wenn Produkte immer mehr zu Massenware werden, dann wächst auch der Differenzierungsbedarf. Je komplexer und - auf der anderen Seite auch - vergleichbarer Wirtschaft und Gesellschaft werden, umso wichtiger wird das Branding und die Kommunikation und damit steigt auch die Bedeutung der Krisenkommunikation. Was für eine Art von Kommunikation legen Sie Ihren Kunden ans Herz? Wir halten uns hier grundsätzlich an die Huma- nistische Psychologie nach Carl Rogers. Es geht also weniger um Kategorien, die dem Militär entlehnt sind, sondern um Werte wie unbedingte Echtheit, Wertschätzung der Anspruchsgruppen, Empathie und Glaubwürdigkeit. Social Media wird heute immer mehr in der Krisenkommunikation eingesetzt. Ist dies ein geeigneter Kanal, den Sie auch aktiv Ihren Kunden empfehlen? Ausgesprochen. Social Media sind von ihrem ganzen Naturell her in der Krisenkommunika- tion besonders wichtig. Erstens bezüglich ihrer Geschwindigkeit. Beim klassischen Mediensys- tem hatte man immer noch etwas Zeit zum Re- agieren, konnte Positionen entwickeln, Szenarien abwägen. Heute passiert alles gleichzeitig. Social Media sind also sehr wichtig in Bezug auf die Dynamik einer Krise. Zweitens wirkt die Visua- lisierung durch die Sozialen Medien unglaublich stark. Die sofortige und ständige Präsenz von emotionalen Bildern bewirkt eine ganz andere Qualität der Kommunikation. Wir fokussieren in dieser OEC-Magazin-Ausgabe auf das Thema «Tatort».Waren Sie durch Ihre Kunden in den vergangenen 40 Jahren auch schon in Krisen involviert, die durch eine Straftat ausge- löst wurden? Es gab Fälle, in denen Personen straffällig wurden. Vor allem für grössere Unternehmen kann aber eine Straftat - insbesondere, wenn sie dokumentiert ist - am Schluss auch fast eine Erleichterung sein. Wenn die Schuld zweifelsfrei einer oder mehreren Personen zugewiesen wer- den kann und Konsequenzen gezogen wurden, ist das Unternehmen entlastet. Sie müssten über die Jahre ja langsam zu einem der krisenerprobtesten Manager der Schweiz geworden sein. Verfügen Sie bereits über eine Teflon-Haut? Nein. Überhaupt nicht. Jede Krise ist wieder anders. Wäre jede Krise gleich, würden wir nur noch Bücher über Krisenkommunikation dru- cken. Aber so ist es nicht. Man lernt jedes Mal dazu. Jede Krise ist ein Drama. Da gibt es Helden und Opfer. Und durch unsere Arbeit werden wir immer ein Teil des Dramas. Doch unsere Rolle ist es, einen kühlen Kopf zu bewahren. Haben Sie mit Farner auch schon eigene Krisen erlebt? Ja das gab es auch schon. Das war oft eine Katas- trophe – ich hätte dann am liebsten eine Agentur beigezogen (lacht). Aber wir haben auch die eigenen Krisen gemeistert. Der 66-jährige Kommunikations- Fachmann amtet heute als Verwaltungsratspräsident und Partner des Beratungsunterneh- mens Farner Consulting. Studiert hat Christian König Politologie an der HSG, danach doktorierte er im Bereich Informatik an der Universität Zürich. Parallel zur Dis- sertation gründete König 1974 die Pressestelle der HSG. 1979 stieg der «Dr.oec.publ., lic.rer.publ» direkt bei Farner ins Agenturge- schäft ein. Nach einem Abstecher zur Trimedia kehrte Christian König wieder zu Farner zurück und blieb der Schweizer Kommu- nikationsagentur bis heute treu. Im Laufe seiner Karriere besetzte der Krisenkommunikator alle Positionen bei Farner, am längsten die des CEOs. Oec. Dezember 2015 23 Oec. Dezember 201523

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