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Die Wirtschaftskriminalität in der Schweiz hat im letzten Jahr stark zugenommen. Gemessen an der Anzahl der Fälle stiegen Veruntreuungs-, Be- trugs- oder Geldwäscherei-Delikte hierzulande um fast 33 Prozent. Laut dem «KPMG Foren- sic Fraud Barometer» lag das Schadensvolumen bei über 537 Millionen Schweizer Franken. Be- sonders betroffen waren Finanzinstitute, Inves- toren und kommerzielle Unternehmungen. Wie in den Vorjahren kamen auch 2014 am meisten Wirtschaftskriminalfälle im Raum Zürich vor Gericht. Gezählt wurden im letzten Jahr insge- samt 27 Zürcher Cases. An der Lösung dieser Fälle war unter anderem auch Samuel Kamber beteiligt. Täglich versuchen Kamber und seine Kollegen von der Ermittlungsabteilung Wirt- schaftskriminalität der Kapo Zürich, den Weisse- Kragen-Kriminellen das Handwerk zu legen. Solche Betrüger und Veruntreuer werden als «White Collar Criminals» bezeichnet, weil viele von ihnen aus dem Management stammen und ihre Verbrechen gepflegt mit Krawatte und weis- sem Hemdkragen begehen. Der Begriff stammt vom US-amerikanischen Soziologen Edwin H. Sutherland, der als einer der bedeutendsten Kri- minologen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gilt. Bereits 1939 wies Sutherland darauf hin, dass Straftaten nicht nur von Unterschicht-, son- dern auch von Mittel- und Oberschichtange- hörigen begangen werden. «Man weiss nie, was einen bei einer Hausdurchsu- chung erwartet» Weil Wirtschaftskriminaldelikte ein hohes Mass an Intelligenz und Täuschungsenergie vor- aussetzen, holt sich Samuel Kamber bei seiner täglichen Arbeit in der Regel keine schmutzigen Hände. Auch von Angriffen oder Kämpfen blieb der 41-Jährige bisher verschont. Bei einer Haus- durchsuchung oder einer Festnahme sind stets uniformierte und bewaffnete Kollegen des Poli- zeicorps dabei, weshalb der Zivilermittler selbst keine Waffe trägt. Und dies, obwohl Kamber im OEC-Interview mit seinem perfekt sitzenden schwarzen Anzug ein wenig wie ein FBI Agent wirkt. Doch trägt der Zürcher White-Collar-Jäger nicht jeden Tag einen Black Suit. «Wenn wir keinen Kundenkontakt haben, kleiden wir uns casual». Kommt es bei einem solchen «Kunden» aber einmal zu einer Hausdurchsuchung, dann käme es jeweils darauf an, wohin das Team aus- rücken müsse. «Wir passen uns der Umgebung an und sind für alles gewappnet. Man weiss nie, was einen vor Ort erwartet», so Kamber. Im Kanton Zürich hat es die Ermittlungsabtei- lung Wirtschaftskriminalität der Kapo vor allem mit Betrug, Veruntreuung, ungetreuer Geschäfts- besorgung, Konkursdelikten und Urkundenfäl- schungen zu tun. Auch kommt es im grössten Wirtschaftskanton der Schweiz – so wie im ganzen Land - zu immer mehr IT-Fällen. Im Rah- men des «KPMG Forensic Fraud Barometers» wurden im vergangenen Jahr hierzulande sieben Cyber-Kriminalfälle erfasst. Der Gesamtschaden belief sich dabei auf mehr als 200 Millionen Franken. Auffallend ist laut Kamber, dass Wirt- schaftskriminelle immer internationaler und globaler agieren. Dank des Internets kann man heute Menschen angehen, die immer weiter weg wohnen. «Unsere Ermittlungen sind deshalb nicht nur schweizbezogen». Und sobald es um Personen geht, die im Ausland sind, gelten an- dere Rechtsordnungen, weshalb die White-Col- lar-Crime-Ermittler immer öfter auch ein Gesuch um Rechtshilfe einreichen müssen. «In solchen Fällen dauert es länger, bis ein Fall auffliegt und auch die Verfahren nehmen viel mehr Zeit in Anspruch», wie Kamber erklärt. Dies, weil auch der betreffende Staat bei der Lösung des Falls mithelfen muss. Wie die Ermittler zu ihren Fällen kommen Wird in der Schweiz jemand Opfer eines Wirt- schaftsdelikts, reicht er oder sie für gewöhnlich Strafanzeige ein. Meistens läuft das über den Anwalt des Geschädigten. Manchmal kann es aber auch sein, dass gewisse Fälle von Amtes wegen untersucht werden müssen. So oder so erhalten die spezialisierten Rechercheure der Zürcher Kantonspolizei einen offiziellen Ermitt- lungsauftrag der Staatsanwaltschaft. Darin ist jeweils auch die schriftliche Strafanzeige enthal- ten. In dieser beschreibt das Opfer, weshalb es sich geschädigt fühlt. Je besser eine Anzeige mit Verträgen, Bankauszügen bzw. zusätzlichen Un- terlagen dokumentiert ist, desto grösser ist die Chance, dass ein Fall aufgeklärt werden kann. Liegt ein Fall bei Kamber erst einmal auf dem Tisch, schliesst sich der Ermittler mit der Staats- anwaltschaft kurz und bespricht das weitere Vorgehen. Danach fängt die eigentliche Er- mittlungsarbeit mit sorgfältigen Abklärungen, Befragungen und Hausdurchsuchungen an. In grossen Fällen arbeitet Samuel Kamber im Team. Die Abteilung Wirtschaftskriminalität der Kapo Zürich setzt sich aus drei Ermittlungsdiensten mit insgesamt etwa 40 Ermittlern zusammen. Auf seiner Visitenkarte steht «Ermittlungsabteilung Wirt- schaftskriminalität Wirtschafts- delikte 1». Der 41-Jährige Samuel Kamber ist bei der Zürcher Kantonspolizei (Kapo) als Zivilan- gestellter tätig, was bedeutet, dass Kamber keine Polizeischule besucht hat. Er hat von 1995 bis 2002 an der Uni Zürich Betriebs- wirtschaft studiert und sich als lic. oec. publ. einen Abschluss geholt. Danach war Samuel Kamber in einer Anwaltskanzlei tätig, welche auf Wirtschaftskri- minalfälle spezialisiert ist. In der Kanzlei war er für wirtschaftliche Analysen zuständig. Bevor Kamber 2008 zur Ermittlungsabteilung «Wirtschaftsdelikte» bei der Kapo Zürich stiess, war er fast vier Jahre in der Forensic-Abteilung einer Big-Four-Gesellschaft tätig, wäh- rend er parallel dazu in Luzern das Nachdiplomstudium «Executive Master of Economic Crime Investi- gation» absolvierte. Oec. Dezember 2015 19 Oec. Dezember 201519

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