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der sicherstellt, dass die Steuergelder in der Forensik effektiv und effizient eingesetzt werden. Unter anderem des- halb war für mich ein wirtschaftlicher Hintergrund wichtig. Wo sehen Sie die Grenzen der Rechts- medizin? Die Forensik ist wie jede Wissenschaft „grenzenlos“. Was wir heute für den letzten Stand der Wissenschaft halten, ist morgen bereits veraltet. Heute wer- den zum Beispiel dank bildgebenden Verfahren wie 3D-Scannern, Compu- tertomographie oder MRI „virtuelle Autopsien“ durchgeführt, die nur noch minimalinvasiv sind. Aufgrund der schnell ändernden technologischen Möglichkeiten ist es nötig, dass man an der Spitze der forensischen Wissen- schaft stets für Neues offen bleibt. Ist es heute noch möglich, an einem Tat- ort keine Spuren zu hinterlassen? Die Linguistik kennt das Axiom „Man kann nicht nicht kommunizieren“. Das lässt sich heute auf unser Fach übertra- gen: „Man kann einen Tatort nicht nicht kontaminieren“. DNA des Täters findet sich fast an jedem Tatort. Den perfekten Mord gibt es praktisch nicht mehr. In Ihrer Dissertation haben Sie noch über Hüftgelenkoperationen geschrieben.Was hat Sie motiviert, mit Rechtsmedizin eine ganz andere Richtung einzuschlagen? Aus persönlichem Interesse hat mich die Orthopädie fasziniert. Ich wollte dann eigentlich für kurze Zeit in ein Fach wechseln, in dem man den menschlichen Körper von innen kennenlernt und dies mit einem kriminalistischen Touch. So bin ich in der Rechtsmedizin gelandet. Durch einen motivierten Chef, der mir die Möglichkeit gab zu forschen, bin ich in der Rechtsmedizin hängen geblieben. Dort schoss ich anfänglich für ballistische Versuche auf künstliche Knochen, welche ich bereits aus der Orthopädie kennenge- lernt hatte. Später setzte ich mich mit der forensischen Bildgebung auseinander. Täter hinterlassen Spuren am Tatort. Welche Spuren wird man von Michael Thali am Tatort IRM-UZH einmal auf- finden? Meine Aufgabe als Institutsdirektor besteht heute darin, meine „Spuren“ in den Köpfen der jungen Generation zu hinterlassen, also mein Wissen dem fo- rensischen Nachwuchs zu vermitteln. So wie mein damaliger Chef bin auch ich bemüht, jungen Leuten Optionen und Perspektiven aufzuzeigen, wie sie eine sinnvolle und befriedigende Laufbahn in der Forensik beschreiten können. Dies letztendlich im Dienste und zum Wohle unserer Gesellschaft. Prof.Thali, wie nahe an der Realität ist das Vorgehen eines Prof. Boerne im Fern- seh-Krimi „Tatort Münster“? Die Rechtsmedizin wird in der Serie relativ realitätsnah dargestellt. Prof. Boerne und seine TV-Kollegen gehen in der Regel so vor, wie auch wir dies im Alltag machen. Im Gegensatz zu ihnen lösen wir unsere Fälle allerdings nicht innerhalb von 45 bis 90 Minuten. Die technologische Entwicklung scheint rasant zu sein. Die Rechtsmedizin war lange Zeit ein sehr traditionelles Fach, welches ins- besondere durch die Leichenöffnung geprägt war. In den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten hat aber in der Tat eine massive Technologisierung stattge- funden. Es kommen hochmoderne genetische und pharmakologische Analysen sowie bildgebende Untersu- chungsmethoden zum Einsatz. Diese Hightech-Methoden sind aber teilweise mit hohen Kosten verbunden und man muss sie unter ökonomischen Gesichts- punkten einsetzen. Haben Sie deshalb noch einen Executive MBA absolviert? Unser Ziel ist es, in jedem Fall Klarheit zu schaffen. Als Institutsleiter ist man heute einerseits medizinischer Gutach- ter, andererseits aber auch Ökonom, Jürg Dinner (JD) übernahm im Dezember 2015 die Leitung der Kommunika- tion der Universität Zürich. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der UZH hielt er verschiedene Füh- rungsfunktionen in der Kom- munikation, darunter bei der BWG Group, Coca-Cola Schweiz und Swiss International Airlines. Zuletzt leitete er die Kommunikation des Schweize- rischen Nationalfonds. Michael Thali (MT) ist Direktor und ordentlicher Professor des Instituts für Rechts- medizin der Universität Zürich. Von 2010 bis 2014 war er Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Rechtsmedizin. Im Zentrum seiner Forschung steht die umfas- sende Anwendung bildgebender Verfahren in der klinischen und postmortalen Forensik,bekannt als Virtopsy®.Virtopsy wurde am 11. November 2015 mit dem Swiss ICT Award ausgezeichnet. www.virtopsy.com www.swissict-award.ch Oec. Dezember 2015 9 Oec. Dezember 20159

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