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Stefan Gubser tauscht das Filmset gegen den Campus. Für einmal ermittelt er nicht in fiktiven Kriminalfällen, sondern an der Wirtschaftswis- senschaftlichen Fakultät: Welchen Beitrag leistet die Wissenschaft, um Kriminalität und ihre Folgen für die Gesellschaft zu reduzieren? Am Institut für BWL:Tricksen und täuschen im Internet Die erste Spur am frühen Morgen führt an das Institut für Betriebswirtschaftslehre. Gubser trifft hier auf René Algesheimer, der sich mit einem Thema beschäftigt, das potenziell uns alle betrifft: unethisches Verhalten im Internet. Der Professor für Marketing und Market Research hat es sich zur Aufgabe gemacht, Unternehmen darin zu un- terstützen, Missbräuche auf Online-Plattformen zu identifizieren und zu bekämpfen. Die Verlock- ungen sind für User gross: Häufig können sie sich hinter Pseudonymen verstecken oder mehrere Accounts eröffnen und sich dadurch illegale Vor- teile verschaffen. Wer hat nicht schon mal einen Account unter falschem Namen eröffnet? „Solche Verstösse wer- den oft banalisiert“, erklärt Algesheimer. „Leider kann aber für andere User oder das Unternehmen ein realer Schaden entstehen.“ Der Marketing Spe- zialist und sein Team arbeiten deshalb an Algorith- men, die mögliche Missbrauchsmuster aufdecken. Stefan Gubser trifft Algesheimer denn auch vor seinem Computer an: Für eine aktuelle Studie ar- beitet er sich durch einen Datenberg von über 48.000 Accounts und mehr als drei Millionen Kunden-Logins. Von der Identifikation der User, die das System austricksen, bis zur Kontaktauf- nahme und einer allfälligen Sperrung des Ac- counts sind mehrstufige Prozesse nötig. Spannend wird es, wenn unethisches Verhal- ten auch positive Effekte haben kann, wie die Forschung zeigt. User, denen jedes Mittel recht ist, um das System auszunutzen, sind für die Online-Plattformen oft sogar die Wichtigsten: „Sie sind am aktivsten, generieren höhere Um- sätze und locken dadurch andere User an“, erklärt der Wissenschaftler die paradoxe Situ- ation. Für Unternehmen entsteht so ein Ent- scheidungskonflikt. Denn gleichzeitig sind sie von Rechts wegen in der Verantwortung, die entsprechenden Vorkehrungen gegen Miss- brauch zu treffen. Immer mehr Firmen befas- sen sich deshalb mit dem Thema Missbrauch und Ethik. Was ein erster Schritt sei, aber die Gesellschaft als Ganzes hinke bei diesen Ent- wicklungen in der Online-Welt noch hinter- her, betont Algesheimer: „Im Moment reden alle über ‚Big Data‘. Was neben dieser Diskus- «Im Moment reden alle über Ihre Daten. Es gibt grosse Diskus- sionen zu Big Data, aber was fehlt, ist, dass wir auch ‚Big Questions’ stellen, ‚Big Decisions’ treffen und ‚Big Morality’ haben - das geht völlig unter.» René Algesheimer,Professor am Institut für Betriebswirtschaftslehre 14 Oec. Dezember 2015 FOKUS

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