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Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät

Leadership in Krisenzeiten

Im Rahmen des diesjährigen Impact-Events zum Thema «Krisenkompetenz» haben Prof. Lauren Howe und Alumna Sara Dolf-Metzler Einblicke in Forschung und Best-Practice-Beispiele zum Thema Leadership in Krisenzeiten gegeben. Lesen Sie hier die wichtigsten Key Learnings der zwei Expertinnen.

Was macht gute Führung in Krisenzeiten aus?

Prof. Lauren Howe: Meine Forschungen haben ergeben, dass Führungskräfte in Krisenzeiten effektiver sein können, wenn sie sich auf die Menschen und nicht nur auf das Geschäft konzentrieren. Das bedeutet, dass sie sich verpflichten, sich in turbulenten Zeiten um die Menschen zu kümmern und zu berücksichtigen, wie sich Krisen auf die menschlichen Emotionen auswirken - einschließlich der eigenen Emotionen der Führungskräfte! - zu berücksichtigen.

Sara Dolf-Metzler: Gute Führung in Krisenzeiten bedeutet, sich bewusst zu sein, dass man als Führungsperson buchstäblich «in den Sumpf treten» muss, um etwas zu bewegen und zu verändern. Scheinbar unüberwindbare Hindernisse und undurchschaubare Krisen können überwältigend sein. Wichtig ist die systemische Reflektion der multifaktoriellen Herausforderungen, denen wir uns entgegensehen. Weiter bedingt Führung Selbstreflektion des eigenen Handelns in der Organisation und mit den Mitarbeitenden. Als Orientierung dienen gemeinsame Werte und Ziele. Anders als auf einem Schiff in Seenot, wo «commanding leadership» und Befehle nötig sind, um schnell zu handeln, bedingt Führung in Krisen vor allem Kollaboration von vielfältigen Teams, die in einem sicheren Raum experimentieren, lernen und innovieren können. Um in Krisenzeiten langfristig zuversichtlich und motiviert zu handeln, ist «Care» ein wichtiger Faktor. Ein wertschätzender, ressourcenbalancierter Umgang mit Teams, der eigenen Person sowie der Umwelt und Gesellschaft ist zentral, um eine resiliente und nachhaltige Leistung von Menschen und Ökosystemen zu ermöglichen.

Kann gute Führung Krisen verhindern?

Prof. Lauren Howe: Auch wenn manche Krisen unvorhersehbar sind, bin ich der Meinung, dass Führungskräfte, die in ihre Mitarbeiter investieren, dazu beitragen können, eine widerstandsfähigere Organisation zu schaffen, die die negativen Auswirkungen von Krisen abmildern kann. Führungskräfte können zwar nicht alle Krisen verhindern, aber sie können verhindern, dass ihre Organisation von Krisen so hart getroffen wird, wie es sonst der Fall gewesen wäre.

Sara Dolf-Metzler: Das ist von der Tragweite und vom Kontext der Krise abhängig. Ich denke, dass Führung beitragen kann gewisse Krisen zu verhindern oder abzuschwächen. Wichtig scheint mir, dass Krisen als Wendepunkte genutzt werden, um Organisationen langfristig resilienter und nachhaltiger zu gestalten. Dies trägt dazu bei, bei künftigen Krisen flexibler zu navigieren und im besten Fall weniger Schocks auszulösen. Dazu lohnt es sich, Innovationsräume zu schaffen, in denen neue Lösungen reflektiert und experimentiert werden. So werden auch Abhängigkeiten sichtbar, die allenfalls einer Erneuerung bedürfen. Ist es beispielweise sinnvoll zur Energiegewinnung nach wie vor auf die Nutzung «alter» Sonnenergie in Form von Erdöl und Gas zu setzen, obwohl dezentrale, erneuerbare Energiequellen wie Solarenergie verfügbar sind, die externe Effekte reduzieren?

Kann Führungsverhalten gar Auslöser für eine Krise sein?

Prof. Lauren Howe: In der Welt gibt es zahlreiche Beispiele dafür, wie eine toxische oder ineffektive Führung eine Krise noch verschlimmert hat. So wie Führungskräfte in der Lage sein können, die Auswirkungen einer Krise abzumildern, kann eine schlechte Führung Krisen durchaus verschlimmern.

Sara Dolf-Metzler: Führungsverhalten kann Krisen auslösen, bzw. verstärken. Führung beispielsweise, die hauptsächlich kurzfristig und eigeninteressiert ist, erschwert positive, zukunftsorientierte Gestaltungsmöglichkeiten. Anreizsysteme und homogene Führungsteams können solche Tendenzen verstärken. Gerade in Krisenzeiten ist es zentral, dass ein breiter Fokus eingenommen wird, der Kollaboration fördert und vielfältige Stärken einbezieht. Menschen möchten Sinnhaftigkeit und Wertschätzung in der Arbeit erleben. Toxisches Führungsverhalten überträgt sich unmittelbar auf die Kultur einer Organisation. Kaum reflektierte Privilegien bremsen eine lernorientierte Weiterentwicklung angesichts von Veränderungen.

Kennen Sie gute Best-Practice-Beispiele, um als Führungskraft Krisen gut, besser oder anders zu überwinden?

Prof. Lauren Howe: In meiner Forschung habe ich herausgefunden, dass Führungskräfte, die als «Sharer» agieren - denen es leicht fällt, negative Emotionen in einer Krise anzusprechen und ihre eigenen Ängste und Befürchtungen offen einzugestehen - eine bessere Verbindung zu ihren Mitarbeitern aufbauen und sie durch Krisen wie die COVID-19-Pandemie führen können.

Sara Dolf-Metzler: Führungspersonen, die Unternehmen nachhaltig führen und zirkuläre Kreisläufe einbeziehen, sind daran gewöhnt Neuland zu betreten. Sie treten bewusst «in den Sumpf» und gehen scheinbar unüberwindbare Zielkonflikte proaktiv an. Führungspersonen können die Reflektion der systemischen Zusammenhänge fördern und einen lernorientierten Führungsstil leben, der einen sicheren Rahmen für Innovation schafft. Eine Leadership-Rolle nimmt hierbei beispielsweise ein deutscher Outdoor-Ausrüster ein, welcher gängige komplexe Imprägnierungstechniken nachhaltig umgestaltet hat, sodass die Bekleidung frei von toxischen Chemikalien ist. Als Führungsperson lohnt es sich weiter, vorausschauend zu handeln und angesichts des Arbeitskräftemangels bewusst diversen Talenten die Türen zu öffnen. Vielfältige Führungsteams sind innovativer, nachhaltiger, risikobalancierter und damit krisenresistenter.

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