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12 Oec. Dezember 2015 Christian Schwarzenegger ist seit 1999 Professor für Strafrecht, Straf- prozessrecht und Kriminologie an der Universität Zürich. Seit 2014 ist er zudem Prorektor der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten. Seine Forschungsin- teressen liegen in den Bereichen Internetstrafrecht, Tötungsdelikte, Kriminalprävention, Jugendkrimina- lität, abgekürzte Strafverfahren und Rechtsvergleichung (insbesondere mit Japan). Forschung und Fahndung müssen alte Grenzen sprengen Die Fernsehserie «Tatort» ist sehr populär. Meistens geht es dabei um Mord und Totschlag. Für viele Zuschauer haben menschliche Tragödien einen besonderen Reiz. Zwischen 2007 und 2015 produzierte das Schweizer Fernsehen über 50 Dokumentarfilme zu Kriminalfällen, bei denen ich als Experte mitwirkte. Diese Doks erreichten regelmässig hohe Einschaltquoten von 25-30%. Auch hier zeigt sich die Faszination für Gewalttaten. Man sollte jedoch nicht vergessen: Die Medienrealität ist verzerrt. Die kriminologische Forschung belegt, dass überproportional häufig über Tötungen und Gewalt berichtet wird, wodurch die «Tatorte» Strasse und Wirtschaft in den Hin- tergrund rücken. Apropos Wirtschaft: In den letzten 15 Jahren nahmen die Angriffe aus dem Internet dramatisch zu. Befragungen in Unternehmen belegen, dass die Schäden aus cybercrimes die Verluste wegen Diebstahl, Betrug oder Verun- treuung schon übersteigen. Die Grenzenlosigkeit, die leichte Kopierbarkeit digitaler Informationen, die Volatilität der Datenspuren und das fehlende Problembewusstsein machen das World Wide Web zum idealen Aktionsfeld von Kriminellen. Der «Tatort» Internet ist juristisch schwer greifbar: Wo finden cybercrimes statt? Wer ist für die Verfolgung zuständig? Wo wird ermittelt, wenn z.B. ein ausländisches Betrugsopfer Geld auf ein Bankkonto in der Schweiz überweist? Und kann das Geld in der Schweiz eingezogen werden? Das Internet stellt die staatliche Souveränität in der Strafverfol- gung in Frage und verlangt nach neuen, international koordinierten Lösun- gen. Die Cybercrime Convention des Europarats von 2001 ist ein Versuch in diese Richtung. Sie wurde bisher von 47 Staaten ratifiziert, darunter die meisten europäischen Staaten, die Schweiz, USA und Japan. Trotzdem: Die grenzüberschreitende Strafverfolgung im cyberspace bleibt ein Problem. Solche und viele weitere Fragen der digital society müssen interdisziplinär untersucht werden. Der Universitätsrat hat daher im September 2015 die Schaffung eines UZH Kompetenzzentrums «Center for Information Tech- nology, Society, and Law (ITSL)» bewilligt. Forschende aus verschiedenen Disziplinen wie Informatik, Recht, Wirtschaft, Psychologie u.a. befassen sich mit der Vereinbarkeit von technologischen Entwicklungen und rechtli- chen Rahmenbedingungen, mit dem Umgang der Menschen mit den neuen Medien und den daraus entstehenden Ansprüchen auf eine höhere Transpa- renz von Staat und Wirtschaft sowie dem besseren Schutz der Privatsphäre. Die UZH fördert diese Forschung auf höchstem Niveau und strebt im Ver- bund mit renommierten internationalen Partnerinstitutionen eine führende Rolle in der wissenschaftlichen, aber auch politischen und gesellschaftlichen Diskussion über die digital society an. Weiterführende Links: SRF DOK – Kriminalfälle: www.srf.ch/sendungen/dok-kriminalfaelle UZH Center for Information Technology, Society and Law: www.itsl.uzh.ch STANDPUNKT

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