Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

Oec Magazin (A1-b)

Herr Walo, die Stromwirtschaft befindet sich in ei- ner Umbruchphase.Was zeichnet diesen Umbruch aus? Die Strombranche wurde in den letzten Jahren zu einer normalen Industrie, mit allen Konse- quenzen: Kundenbedürfnisse, effiziente Kosten- strukturen, gute Produkte und Dienstleistun- gen – all das beeinflusst heute unsere Branche. Das ist eine positive Entwicklung. Parallel dazu haben wir grosse Verwerfungen an den Märk- ten und Unsicherheiten bei den politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen. Und auf der technologischen Seite? Da ist vor allem die dezentrale Produktion der erneuerbaren Energien wichtig. Und schliesslich kommt noch die Klimathematik hinzu. Alle diese Faktoren verändern die Energiebrache grundle- gend, auf der ganzen Welt. Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren die Märkte liberalisiert und erneuerbare Energien gefördert.Welcher Faktor ist wichtiger? Die Liberalisierung der Märkte. Die konsequente Ausrichtung auf die Kunden ist die grössere Herausforderung als die Marktverzerrungen, die sich durch die Einspeisevergütung bei den erneuerbaren Energien ergeben. Ich gehe davon aus, dass diese Verzerrungen temporärer Natur sind. Was Deutschland mit der starken Förde- rung der erneuerbaren Energien gemacht hat, ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Ich hoffe, wir machen in der Schweiz nicht den gleichen Fehler. Durch die Liberalisierung ergeben sich auch neue Geschäftsfelder, zum Beispiel im Stromhandel. Wir sind heute in über 20 europäischen Ländern aktiv. Der Stromhandel ist für uns ein profitables Geschäft. Wenn man im Handel erfolgreich sein will, muss man kompetent sein bei der Entwick- lung von Angeboten. Es gibt keine Standardpro- «Unsere Entscheide sind ein Gesamtkunstwerk» Andrew Walo führt als CEO den Energiekonzern Axpo durch turbulente Zeiten. Dass sich die Stromwirtschaft heute in einem Umbruch befindet, sieht er primär positiv. Die daraus entstehenden Unsicherheiten nimmt er als spannende Herausforderung an. FelixWürsten dukte mehr, denn die Kundenbedürfnisse sind völlig verschieden. Deshalb brauchen wir neue Produkte, viel Know-how, aber auch ein sehr gu- tes Risk Management. Mit dem Handel können wir kompensieren, was andernorts verloren ging. Verhindert die Liberalisierung nicht langfristige Investitionen, wie sie beispielsweise in der Was- serkraft notwendig sind? Bei der Wasserkraft haben wir einen Investi- tionshorizont von 80 Jahren. Es ist heute un- möglich zu sagen, wie die Situation in 60 oder 80 Jahren aussehen wird. Dadurch werden die Unternehmen bei ihren Entscheiden natürlich risikoaverser, denn sie können nur in Anlagen investieren, die wirtschaftlich sind. Wie treffen Sie in diesem unsicheren Umfeld Ihre Entscheide? Niemand hat einen Masterplan und kann sagen, was in 20, 30 Jahren sein wird. Wir müssen Entscheide unter Unsicherheiten treffen, so wie andere Industrien auch. Dazu gibt es eine Stan- dardvorgehensweise: eine strukturierte Analyse, welche die Optionen aufzeigt, die Bewertung dieser Optionen und schliesslich das Entschei- den. Wir sind gut aufgestellt und fähig, zeitge- recht fundierte Entscheide zu treffen. Aber wir können nie zu 100 Prozent sicher sein. Es gibt immer einen Trade-off zwischen den Fakten, die man evaluieren kann, und der Geschwindigkeit, mit der man einen Entscheid treffen muss. Wie wird sich denn Ihrer Ansicht nach der Strom- markt in den nächsten Jahren entwickeln? Die Stromproduktion wird erstens dezentraler und die Stromspeicherung gewinnt an Bedeu- tung. Auch die Marktbedingungen werden sich ändern, weil viele Kunden nicht nur Strom konsumieren, sondern selber auch produzieren werden. Zweitens sind wir verpflichtet, ren- tabel zu wirtschaften, denn nur so bekommen «Ich finde es übrigens richtig, dass die Politik ein gewichtiges Wort mitredet. Sie setzt die Rahmenbedingungen für eine sichere, ökologi- sche und wirtschaftliche Energieversorgung.» Andrew Walo ©JonasGlaubitz 20 Oec. Juli 2015 FOKUS

Seitenübersicht